Anne Freytag liebt es Indie Autorin zu sein und arbeitet hart für ihren Lebenstraum. Neben ihren erfolgreichen, selbstverlegten Serien erschien „Eigentlich Liebe“ gerade im Piper Verlag. Als Autorin des Monats verrät sie z.B., wo sie ihre Romane schreibt und welche Marketing-Strategien sie verfolgt.
Über Anne Freytag
Also, studiert habe ich ja International Management und ich habe dann auch eine Weile in ein paar Werbeagenturen gearbeitet. Aber dann habe ich mich für den Traum entschieden. Ich habe den Sprung ins eiskalte Wasser gewagt und nie wieder zurückgeschaut, vor allem deswegen, weil ich keine Zeit dazu hatte. Das mit der Liebe zum Schreiben war nie ein Lebenstraum, es ist mir einfach passiert und wurde zum Lebenstraum.
Ich schreibe unter verschiedenen Pseudonymen: Ally Taylor ist die, die sich mal eben mit ihrer besten Freundin Carrie Price (aka Adriana Popescu) malerische Städtchen an der amerikanischen Ostküste erfindet, im Klischee badet, tief ins Drama eintaucht und prickelnde Erotik ihr Handwerk nennt, Anne Freytag ist die fürs Reale, deren Geschichten in München spielen und in der Nachbarwohnung stattfinden könnten, und die liebe Anne Sonntag ist die Unterhaltsame, bei der es kribbelt, knistert und lustig zugeht, sie ist eben irgendwo dazwischen.
1. Was sind Deine größten Stolpersteine auf dem Erfolgsweg als Autor?
Es hat mich Mut gekostet. Vielleicht klingt das komisch, aber wenn man etwas schreibt und dann der Öffentlichkeit gibt, ist es ein bisschen so, als würde man seine Kinder zur Beurteilung geben. Jeder darf eine (auch vernichtende) Meinung haben und kann sie äußern. Ich musste lernen, damit umzugehen. Und ja, bisher hatte ich wirklich Glück und meine Romane sind sehr gut angekommen, aber es ist immer ein Fünkchen Angst dabei. Geduld ist auch so eine Sache. Ich denke, man braucht viel Geduld, muss wirklich hart arbeiten und an sich selbst glauben.
2. Wie sind Deine Buchcover entstanden?
Ich habe Glück, an der Quelle zu sitzen. Anna macht großartige Cover und wir arbeiten super zusammen. Sie liest meine Romane (und das hat sie schon immer) und sie weiß instinktiv, was ich will. Diese Zusammenarbeit funktioniert ohne Worte. Normalerweise arbeitet sie als freie Grafikdesignerin mit einigen Agenturen zusammen (daher kenne ich sie auch). Ich liebe ihre Cover und da ich selbst auch so ein Cover-Käufer bin, ist mir das passende Cover Einiges wert. Es ist enorm wichtig. Sie hat alle meine Cover gemacht, auch ein paar für Adriana Popescu und ein paar andere Selfpublisher. (ad. Grafik Design: annadavis.de und facebook.com/Ad.GrafikDesign)
3. Nach welchen Kriterien hast Du Deine Kaufpreise festgelegt?
Ich denke, das ist eher genreanhängig und weniger von Seitenzahlen. Ich unterscheide gerne bei meinen Romanen zwischen „Love Stories“ und „Life Stories“. Die „Love Stories“ sind episch, voller Drama und überlebensgroß. Das sind die Romane von Ally Taylor und Carrie Price und genau solche Geschichten stehen in starkem Wettbewerb. Da spielt der Preis eine große Rolle. Wir sind noch dabei unsere Pseudonyme zu etablieren und deswegen haben wir uns für € 2,99 entschieden. So geben auch neue Leser den Romanen eine Chance. Sie sind nicht zu teuer und nicht zu billig.
Bei meinen Freytag-Büchern, also den „Life Stories“, verlange ich € 4,99, ganz egal, wie dick oder dünn das Buch ist. Klar kann man einen Einführungspreis machen, aber unter € 2,99 würde ich keinen Roman verkaufen – jeder Cappuccino kostet mehr. Und die gute Anne Sonntag veröffentlicht ja nicht selbst, sondern im Verlag und da sind die Preise ja nicht beeinflussbar. 🙂
4. Was tust Du, damit ein Werk von Dir ein Bestseller wird?
Ich schreibe, mache Fehler, lerne dazu, schreibe noch mehr, falle hin, rapple mich wieder auf, erlaube mir immer Neues auszuprobieren, veröffentliche selbst und im Verlag und schufte wie ein Ochse. Ich liebe meine Arbeit – ehrlich. Ich liebe die Freiheiten und dass ich alles entscheiden kann (und auch muss). Ich liebe, dass ich spontan sein und mich mich austoben kann. Aber es ist wirklich viel Arbeit. Viele unterschätzen das. Es ist eine Sache ein Buch zu schreiben, Charaktere zu erschaffen und ihnen eine Geschichte zu geben, in die Leser wirklich eintauchen können, eine Geschichte, die sie glauben. Und das ist in sich schon gar nicht so einfach. Aber wenn niemand diese Geschichte je findet, dann bringt einem das ja auch nichts. Deswegen sind PR und Werbung, Vermarktung und die Zusammenarbeit mit Bloggern und Lesern mindestens genauso wichtig. Leser haben hohe Erwartungen: ein tolles Cover, keine Rechtschreib- und Formfehler, eine stringente und gute Geschichte, liebenswerte Charaktere…
Außerdem darf man nicht vergessen, wie schnelllebig heute alles ist. Jeden Tag erscheinen so viele neue Romane und man muss in dieser Flut an Büchern gut surfen können, sonst geht man unter. Es ist schon schwer genug, sich einen Namen zu machen, ihn zu halten und sich zu behaupten, ist aber noch viel schwieriger. Es ist nicht unmöglich, aber es ist eben viel, viel, viel Arbeit. Irgendjemand hat mal gesagt „Dreams come true, not free“ – und genau so ist es.
5. Unternimmst Du etwas abseits der klassischen Marketing-Aktionen, damit ein Werk von Dir Erfolg hat?
Ich denke, man muss seine Stärken und Schwächen kennen und den Spaß nicht aus den Augen verlieren. Ich kann jede Nacht bis 4:00 Uhr schreiben, wenn ich will, und dafür bis um elf schlafen. Das ist mir viel wert und dafür nehme ich auch 14 Stunden Arbeit am Tag in Kauf. Ich habe mich vor einer ganzen Weile von dem Wort „Wochenende“ verabschiedet und das ist okay, weil ich meine Arbeit liebe. Ich bin gerne kreativ und überlege mir Dinge, die einen echten Nutzen haben, aber auch Spaß machen, weil Spaß sexy ist und Nutzen immer etwas Vernünftiges hat. Aber nur die Kombination ist gut, deswegen versuche ich immer das zu verbinden.
Als Self-Publisher hat man den enormen Vorteil, dass man direkt mit seinen Lesern zu tun hat oder zumindest haben kann. Da ist kein Puffer dazwischen. Man kann fragen, das Gespräch suchen, sich eine Leserschaft aufbauen. Ich habe sehr treue Leser, die mir helfen und die ich wahnsinnig schätze. Ich lege wert auf sie und zeige ihnen das und sie unterstützen mich. Das geht dann weit über Marketing hinaus, da entstehen Bande und Freundschaften und man lernt immer wieder spannende Menschen mit spannenden Ideen und Hintergründen kennen. Blogger, Redakteure, Lektoren und andere Autoren… So habe ich auch Adriana Popescu kennengelernt. Sie ist inzwischen mein Partner in crime und meine Verwandte im Geiste und irgendwann haben wir beschlossen, den „Oceanside Love Stories“ eine Chance zu geben. Ich denke, man muss seinen eigenen Weg finden und wenn es den noch nicht gibt, muss man ihn Notfall eben platt-trampeln.
6. Was wäre Dein wichtigster Tipp für einen neuen Indie-Autor?
Ich glaube an meine 7 Punkte. Im besten Fall hat man alle 7. Wenn nicht, muss man in den anderen Punkten mehr haben. Also, von vorne. Ich denke, es braucht: Geld, Kontakte, Talent, Geduld, Zeit, Glück, Glauben.
Man braucht von Anfang an Geld, weil Leser eben Ansprüche haben. Man braucht einen Korrektor (manche sagen einen Lektor, das ist Ansichtssache, ich habe keinen), man braucht ein gutes Cover, das den Inhalt transportiert und die Zielgruppe anspricht. Das ist das Mindeste. Alles andere kann man lernen (wie man die Epub-Datei erstellt etc.). Aber Korrektor und Cover können schon zwischen €400 und €1000 kosten. Im besten Fall hat man das Geld und ist bereit es zu investieren, auch, wenn man nicht weiß, ob es je wieder reinkommt. Wenn man das Geld nicht hat, oder nicht investiert, schadet einem das auf lange Sicht, weil man nicht unbegrenzt viele Chancen bekommt. Im Zweifelsfall lieber ein Netzwerk aufbauen, schauen, wie man sich gegenseitig helfen kann.
Da kommen wir zu den Kontakten. Wenn man einen Grafikdesigner kennt oder jemanden, der einem die Texte korrigieren kann, dann ist das toll. Wenn man jemanden an der Hand hat, der tolle Klappentexte schreibt oder einen Blog mit großer Reichweite hat, ist das super. Ein Netzwerk ist sehr wichtig und es dauert bei den meisten eine Weile, es sich aufzubauen.
Erst jetzt kommt das Talent. Und das beziehe ich nicht nur auf das Schreiben, sondern auch auf die Vermarktung und PR. Je nach dem, was man für Kontakte hat, muss man mehr oder weniger selbst machen – ich hatte keine Kontakte, also habe ich alles selbst gemacht. Wenn man dann die Sichtbarkeit hat (durch Gewinnspiele etc, was wieder Geld kostet), geht es an den Inhalt. Davor entscheiden die Leser, ob sie Geld ausgeben wollen und wenn sie es tun, bewerten sie, ob der Inhalt das Geld wert war.
Hier kommen Geduld und Zeit ins Spiel. Mit der Zeit wächst das Netzwerk, wenn man weitermacht und seine Kontakte pflegt und wertschätzt. Mit dem Netzwerk steigt die Sichtbarkeit und man gewinnt neue Kontakte. In dieser Zeit muss man aber auch weiterhin eifrig schreiben, weil man ja nachlegen muss, sonst wird man womöglich vergessen. Und wenn man nicht gerade eine Nele Neuhaus ist, kann einem das schon passieren. Einen Roman zu schreiben und die Nacharbeit daran dauern (zumindest bei mir) fast gleich lang. Also korrigieren, mehrfach lesen, feilen, dann an die Korrektoren, dann die Fehler korrigieren, dann an die Testleser, dann noch einmal korrigieren und dann setzen (E-Book und Taschenbuch). Parallel auf das Buch aufmerksam machen. Also braucht man Zeit.
Und dann kommt das Glück. Klar gibt es Autoren, die schreiben einen Roman und haben dann über Nacht den MEGA-Durchbruch. Zumindest sieht es so aus, denn man weiß nicht, wie viel da bereits im Hintergrund über lange Zeit gelaufen ist und wie viel und wie hart an diesem Erfolg gearbeitet wurde. So oder so, waren da sicher auch Talent, Kontakte, Geld, Geduld, Zeit und/oder Glück im Spiel. Glück als Faktor ist nicht zu unterschätzen.
Zu guter Letzt: der Glaube. Er ist der Treibstoff. Schreiber sind oft Träumer. Sie glauben daran, dass sie es schaffen können. Sie glauben an den Erfolg und daran, dass es möglich ist. Dieser Glaube lässt uns Hürden überwinden und weitergehen, er flüstert uns zu, dass wir dranbleiben müssen. Ich habe meinen ersten Roman 2007 beendet, aber erst 2013 veröffentlicht. Bis dahin hatte ich weitere 5 Romane geschrieben und Vollzeit gearbeitet. Man kann sagen, das war mein langer Atem, oder aber es war mein Glaube daran, dass es klappen kann. Na ja, vielleicht war es beides. Oder aber, es war die Liebe zum Schreiben.
7. Wohin ziehst Du Dich zum Schreiben zurück? Wärst Du bereit, uns Deinen Schreibplatz zu zeigen?
Ich arbeite an unserem Allestisch. Es gibt kein Arbeitszimmer, sondern nur den Tisch, an dem wir essen, reden, lachen, diskutieren… und an diesem Tisch schreibe ich. Ich glaube, er speichert die vielen Geschichten, die er hört und inspiriert mich. Lange wollte ich ein Arbeitszimmer, aber inzwischen bin ich ganz froh so, wie es ist. Meine rote Wand im Rücken und das Wohnzimmer im Blick.
8. Mit welchem Autor würdest Du gern mal zu Abend essen, und was wäre Deine erste Frage?
Mit Georg Schramm. Und ich würde ihn nichts fragen, sondern ihn vermutlich nur provozieren, damit er den ganzen Abend in seiner energischen Art mit mir spricht. Er ist ein Meister. Mein Held.
9. Welches nächste Projekt hast Du geplant, und was möchtest Du rückblickend anders machen?
Ich habe gerade mehrere Dinge, die ich gleichzeitig mache. Gerade ist „Eigentlich Liebe“ im Piper-Verlag erschienen, das ist alles neu und aufregend, daneben arbeite ich an einem Roman, um den sich meine Agentin kümmern wird und ich bin gespannt, zu welchem Verlag er finden wird. Und zu guter Letzt möchte ich Anfang 2015 endlich wieder einen Freytag-Roman selbst rausbringen. Es ist mal wieder Zeit für eine „Life Story“. Ally Taylor hatte dieses Jahr zwei Romane, Anne Sonntag einen und jetzt bin ich mal wieder dran. Ob ich da etwas anders machen werde? Keine Ahnung. Ich bin sehr spontan. Die Rahmenbedingungen werden genau so bleiben, wenn ich es mir aussuchen kann: das Cover, die Korrektorinnen meines Vertrauens, die Testleser, die von Anfang an dabei waren… und dann wieder den Mut etwas völlig anders zu machen. Ich lasse meinen Bauch entscheiden – der hatte bisher auch einen ganz guten Riecher.
10. Was schätzt Du an XinXii?
XinXii erleichtert mir die Arbeit ungemein. Und da wären wir wieder beim Faktor Zeit. Die Oberfläche ist einfach zu bedienen, übersichtlich und dadurch geht es schnell und einfach und nimmt mir viel Arbeit ab. Ich bin froh, dass ich neben Amazon nur einen Distributor habe, der sich dann um alles weitere kümmert.
Anne Freytag auf XinXii | freytag-literatur.de | seekfreak-and-joy.de
facebook.com/freytag.Literatur | ny-trnd.tumblr.com | Youtube-Kanal
Vielen Dank, Anne, für Deine vielen Tipps und Deine motivierenden Erfahrungen. Weiterhin viel Erfolg und Spaß auf Deinem Weg als Indie Autorin!
Keine Kommentare